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domenica 29 marzo 2015

Offener Brief an das deutsche Volk

Foto: Ansa

Um zur italienischen Übersetzung zu gelangen, bitte hier klicken
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Mein liebes deutsches Volk,

Seit nun schon fast 3 Jahren lebe ich unter Euch. Ihr habt mich gut aufgenommen und immer sehr freundlich und herzlich behandelt. Dafür danke ich Euch.

Während dieser Zeit haben wir gelernt, mit unseren Verschiedenheiten umzugehen. Ich habe aufgehört, Bidets zu vermissen oder die Augen zu verdrehen, wenn im Sommer wieder weiße Socken in Birkenstock- Sandalen auftauchen. Ich habe auch keinen Brechreiz mehr, wenn in einer Pizzeria eine Pizza Hawai an den Nebentisch gebracht wird. (Pizza Hawai = neapolitanische Pizza mit Ananasstücken darauf).

Ihr drückt ein Auge zu angesichts der Wäsche, die sich auf kilometerlangen Leinen durch unsere Wohnviertel zieht (das Neapolitanischen Sanità- Stadtviertel ist peanuts im Vergleich). Ihr stört Euch auch nicht an meinem reichhaltigen Frühstück, wenn ich noch im Pyjama Milch und Kekse esse, oder wenn bereits bei einer sehr moderaten Unterhaltung meine Stimme die Frequenz eines höheren Tons von Al Bano erreicht.

Heute möchte ich Euch sagen, dass es mir Leid tut. Von Herzen, es tut mir Leid für alles, was passiert ist. Erstens für den Flugzeugsabsturz und für den Verlust so vieler Menschen, die weiter leben wollten. Aber auch für das, was manche italienische "Journalisten" (ich würde sie besser "Aasgeier" nennen) kürzlich geschrieben haben.

Oft beschuldigt man Euch, wenig Empathie zu haben, unterkühlt und kaum fähig zu sein, Eure Gefühle zu äußern. Vielleicht weil der Schmerz, den Ihr in solchen Situationen fühlt, so herzzerreißend ist, dass Ihr nach den wahren Gründen dafür sucht, ohne Euch in Pöbeleien oder gegenseitigen Schuldzuweisungen zu ergehen, wie es oft in meinem Land passiert. 

Ich weiß, dass Ihr bei der Arbeit sehr gewissenhaft seid und ebenso die Sichereitsregeln befolgt, aber niemand ist perfekt. Wenn doch einmal eine Missachtung passiert, bin ich sicher, dass sich die Schuldigen vor Gericht verantworten müssen, wie in jedem gesunden demokratischen Land. Ich sehe Euch schon neue Gesetzesvorlagen beraten, um solche Unglücksfälle in Zukunft zu vermeiden.


Ich bin nur eine Lehrerin für Italienisch. Ich schreibe für diesen BLOG und nicht für eine Zeitung, die landesweit erscheint. Wenn meine Leser die Hundert erreichen, mache ich einen Sekt auf und gehe -natürlich noch im Schlafanzug- frohlockend im Haus herum. Ich bin mit wenigem zufrieden. Aber falls es ein bisschen nützt, möchte ich Euch sagen, dass ich sehr stolz auf Euch bin und dass ich bereit bin, Eure Trauer zu teilen. Ich bin sicher, dass auch viele andere Italiener genauso fühlen.

Danke

Serena Foschi

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